Friedensrepräsentationen
Friedens-Herold:, 8 P GERM II, 8581

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Objekt
Objektart
Buch
Titel/Incipit
Friedens-Herold:
Untertitel
welchen bey dem von ... Rath der Stadt Halle in Sachsen/ am XVI. Wintermonats absonderlich angestelltem Friedens-Danck-Fest/ in der Schul-kirchen daselbst öffentlich in deutsch-gebundener Rede fürgestellet und auf begehren in druck geben M. Friederich Cahlenus/ Käyserl. Poët und Con-Rector. Friedens-Herold: welchen
PPN
134756746
Inventarnummer/Signatur
8 P GERM II, 8581
Verwalter
Verwalter (Ort)
Weiteres Exemplar
Inventarnummer dupl.
Xb 10318 (5)
Verwalter dupl.
Verwalter (Name) dupl.
Verwalter (Ort) dupl.
Herstellung
Hersteller
Herstellerrolle
Verfasser
Hersteller
Herstellerrolle
Drucker
Datierung
Datum
1648
Seiten/Blätter GESAMT
28 Bl.
Literatur
Kurztitel
Seitenzahl
17-18
VD17-Nr.
7:686018Q
Objekt in Ausstellung
Virtuelle Ausstellung
Präsentationsgruppe
Bearbeitung
Bearbeiter
Franziska Bauer
Bearbeitungsstatus
Freigabe
Dokumentation
Original geprüft
Auswahl Diss.
Dissertation Bauer
Bild-URL
http://friedensbilder.gnm.de/sites/default/files/Friedens-Herold.jpg
http://friedensbilder.gnm.de/sites/default/files/bsb00000374_00915.pdf
http://friedensbilder.gnm.de/sites/default/files/bsb00000374_00916.pdf
http://friedensbilder.gnm.de/sites/default/files/bsb00000374_00917.pdf
Anmerkungen:

Halle wurde im Deißigjährigen Krieg durch kaiserliche Truppen unter Wallenstein besetzt. Der Text nimmt darauf konkreten Bezug.

Die Verse sind nummeriert; eine Anmerkungen und Erklärungen sind angehangen.

Exzerpt:

Zwei Widmungen; 1. Widmung an Innungen und Gemeinheiten der Stadt Halle, also kein Potentat à Bindung an Stadt verstärkt; 2. Widmung an Kramer-Innung und ihre Unterstützer à Anspielung auf Handel, der nun wieder (Friedenszeit) neu erblüht und der Stadt wieder zu Ruhm und Reichtum verhelfen soll; im Text wird auch die Zunft der Strumpfbinder angesprochen (Würckerzunfft, V.332) unter den Widmungen eine Art Zusammenfassung des folgenden Gedichte mit dem Wunsch nach Frieden, der durch Gott gegeben werden soll

Das Gedicht von Cahlenus zeichnet sich nicht nur in seiner Widmung durch eine starke Bindung an die Stadt und ihre Einwohner aus, auch in späteren Passagen werden die „Väter dieser Stadt“ (V. 25), ihre „Gotteslehrer“ (V.29) sowie die „Bürgerschaft“ (V.37) angesprochen. Das Gedicht von Cahlenus folgt dem üblichen Aufbau der Friedensdichtungen. Zuerst werden der Kriegsverlauf und die Grausamkeiten des Krieges beschrieben. Die literarische Realität verzerrt in diesen Fällen sicherlich die Wirklichkeit, doch aus anderen Quellen wissen wir über die Grausamkeit der Soldateska Bescheid und finden sich teilweise in den lyrischen Beschreibungen wieder.

Der Text/ der Autor unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Konfessionen. Germanias Christenheit wird angesprochen (V. 12); für die weitere Untersuchung der religiösen Motive ist das von Bedeutung, denn die Unterscheidung zwischen den beiden Konfessionen Katholisch und Protestantisch findet sich in keiner Dichtung à Stichwort Rolle der Kunst/ Literatur/ Poetik

„Die Kirche/ Gottes Braut/ die greulich war bedrenget/

Wird nun/ als Siegerin/ mit Palmen stehn umhenget.“

Hier wird auf den „Sieg“ der Protestanten eingegangen. Die Paritätsbestimmungen des Westfälischen Friedensvertrages ließen den Frieden aus Münster und Westfalen vor allem für die Protestanten zu einem gelungenen Ereignis werden. Für die Katholiken hatte der Frieden in Folge einen weniger hohen Stellenwert, was sich auch daran messen ließ, dass sich Friedensfeste und Veröffentlichungen zum Frieden auf protestantische Gebiete konzentrierten. Ebenso V. 648: Gott soll der Friedenspalme gebracht werden

„Friedensfürst“ (V.57) à in der Regel handelt es sich dabei im Jesus, in diesem Fall jedoch Gottvater, der auch als „höchster Triumphirer“ beschrieben wird (V.60)

„Du Himmels=Friedens=Fürst/ daß du unshast gegeben

Den Frieden/ über den nechst dir kein Schatz bekannt/ […]“

Die Huldigung Augusts von Sachsen ist im Vergleich zu den Passagen zu Gott quantitativ bescheidener, wenn August jedoch als „treuer noth=abwender“  (V.22) bezeichnet wird, verdeutlicht/ huldigt das seine Verdienste am Frieden, hier wird auf die Symbiose hingewiesen zwischen Gott und dem Landesherren, wie sie im vorhergehenden Kapitel bereits detailliert beschrieben wurde.

Das Volk soll in seinen Gebeten Gott danken und die 23 Jahre Krieg in der Stadt nie vergessen, um das Werk Gott (endlich Frieden) immer zu ehren und ewig dankbar zu sein:

„Du zartes junges Volck/ du lust der Castalinnen

Merck auf/ und dencke dran/ was grausames beginnen/

Was unerhöhrte noth geschehn bey deiner zeit/

UN Gott zu dancken sey mit hertz und mund bereit.“

Neben den Aufruf an die Frömmigkeit der Menschen auf das Aufzeigen des Verfalls der christlichen Sitten und Tugenden:

„So bald nun dessen Schwall das land hat überschwemmet/

Hat solche wüterey den Wolstand auch gehemmet/

Die Tugend/ Erbarkeit/ und alle Christen=pflicht/

Hub sich in eil davon/ ließ sich mehr finden nicht.

Es blieb unrechtes recht im land auf allen seiten

Und aller laster schaar fieng sich an auszubreiten/

Ein sumpff voll böse lust/ raub/ mord/ und wilderey

Ein unglücks=volles meer/ das funde sich herbey.“ (V.113-120)

 

Schwerter zu Pflugscharen:

„Man wird das Schwerdt und Spieß umschmelzen zu Pflugscharen/ […]“ (V.38)

Tierfrieden:

„Es wird ein lamm und wolff sich ohne zwietracht paaren/ […]“ (V.637)

Irene:

„Die Lieb und Gottesfurcht soll über dir herschweben/

Gold/ Silber/ korn und Saltz/ und alles Wolergehn

Das wird/ Irene! dir hinfort zun füßen stehn.“ (V.610-612)

 

Hirtenmotiv:

„Die Städte werden gehen gantz sicher zu den feldern/

Der braune Tityrus wird weiden in den wäldern/

Und auf der wald=schalmey eins spielen bey der heerd/

Am pfluge werden gehen gesichert Ochs und Pferd.“ (V.617-620)

 

Goldenes Zeitalter:

Mehrmalige Verwendung von „Friedenschein“

„güldne[s] Friedens=band“ (V.746)

 

Naturmetaphorik:

Naturmetaphorik bei Cahlenus wird auf verschiedenen Ebenen angewendet, die dabei alle in einandergreifen

 

„Biß hieher wehrt der krieg. Nun soltu wieder leben/

O liebes Vaterland/ Nun wird die wiedergeben

Der längstgewünschte schatz/ da du gehoffet drauf/

Der friedensschein bricht an. Nun lebe wieder auf!

Es folget früling=luft nach rauhen winter=tagen/

Es folget auf die nacht der Sonnen güldner wagen/

Es folget auf die noth die freuden=volle zeit/

Es folget auf den krieg Fried und Gerechtigkeit.“ (V.569-576)

 

Die verschiedenen Motive beziehen sich hier auf das Leben. Der Krieg wird verbunden mit Tod, der Frieden mit dem Leben. Diese Assoziation ist einleuchtend und logisch. Nicht nur Menschenleben werden beendet, sondern auch die Natur (Tiere. Und Pflanzenwelt) leiden darunter. Außerdem wir eine Lichtmetapher verwendet, die von einem Friedenschein spricht. Dabei ist unklar, was genau als Leuchtmittel fungiert. Diese Information scheint jedoch auch zweitrangig. In erster Linie geht es um die Assoziation von Licht und Dunkel für Gut und Böse. Daran anknüpfend folgt die Verbindung von Frieden und Frühling parallel zu Winter und Krieg.

 

Motiv der „Friedenfrüchte“ à Verbindung mehrere Motive

 

Das „freuden=liecht“ durchbricht die „trüben zeiten“.

 

„Das Land wird kleiden sich mit neuer jugend=wonne/

Weil ihm aufgangen ist die schöne Friedens=sonne/

Die früchte wird das Feld gantz häuffig auferziehn/

Die bunte rose wird in allen thälern blühn.“ (V.629-332)

 

Dankfest:

Dankfest in Halle/Saale; bis 1680 war Halle Haupt- und Residenzstadt des Erzbistums Magdeburg, im Dreißigjährigen Krieg à Besetzung der Stadt durch kaiserliche Truppen unter Wallenstein, 1634 brannte Schloss Moritzburg aus

Ausstellungstext:

Am 16. November 1648 richtete die Stadt Halle/Saale ein Dankfest anlässlich der erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen in Münster aus. Der Theologe und Rektor Friedrich Cahlenus (1616–1663) veröffentlichte aus diesem Anlass seinen „Friedens-Herold“. Laut Titelblatt wurde die enthaltene Rede in gebundener Sprache im Rahmen der Feierlichkeiten öffentlich vorgetragen. Im Dreißigjährigen Krieg hatte Wallenstein 1625 Halle besetzt, nach einer schwedischen Belagerung 1637 brannte die Moritzburg aus. Mit Freude und Dankbarkeit dürften die verbliebenen Einwohner der gebeutelten Stadt die Nachricht vom Frieden aufgenommen haben, wie auch Cahlenus sie in seiner Rede ausdrückt. Seine Gelegenheitsschrift sticht jedoch besonders heraus. Bereits der Titel verweist auf die Verkündigung des Friedens. Dem Friedensherold fiel, ähnlich wie dem Postreiter, die Aufgabe der Nachrichtenvermittlung und öffentlichen Bekanntgabe des Friedens zu, was ihm eine wichtige Rolle in der bürgerlichen Medienkultur, als Sprachrohr der Obrigkeit, zuschrieb. Mit Auftreten der Figur in den Friedensdichtungen wird ein direkter Bezug zur Verkündigungssituation hergestellt.

Cahlenus‘ Rede folgt dem gängigen Aufbau einer Friedensdichtung, indem zunächst der Kriegsverlauf und speziell seine Auswirkungen auf Halle beschrieben werden. Anschließend schildert der Autor die zukünftige Friedenszeit und lobt abschließend Gott. Dabei beschreibt er im Text auch die tatsächliche Verkündigungssituation des Friedens: der Herold „[…] kömmt/ und bringt auf seinem Wagen die höchsterwünschte post des Friedens dir getragen/ […]“.

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