Die vorliegende „ausführliche Frieden-Predigt“ hielt der gelehrte Esslinger Pfarrer Doktor Tobias Wagner (1598–1680) am 2. November 1648 bei dem Friedensfest, das aus Anlass des Westfälischen Friedens in Württemberg und eben auch Esslingen gefeiert wurde. Er ließ sie noch im selben Jahr in Ulm drucken und stellte sie unter die Überschrift „Gute Zeitung vom Frieden“. Damit ist allerdings kein Druckerzeugnis, sondern, wie auch der lateinische Titel verrät, die gute Neuigkeit vom Frieden gemeint. Die Predigt weist eine Besonderheit auf: Nach Verlesung des Predigttexts aus dem Proheten Jesaja Kap. 12, Vers 1–6, eröffnet Wagner seine Predigt mit dem Verweis auf ein bekanntes, ausgemacht heidnisches Friedensbild: den Janustempel mit seinen zu Kriegszeiten geöffneten Toren. „Wir aber ... hätten Ursach, den Tempel Jani im Heiligen Römischen Reich ... auch zu beschließen, nachdem er nunmehr viel lange Jahr und Zeit hätt sollen offen stehen.“ Doch nun sei nach dreißig Jahren der Frieden verkündigt worden. Als lutherischer Prediger wendet Wagner nun das heidnische Friedenssymbol im christlichen Sinn: „Dieweil wir aber nicht mehr Heyden, sondern ... Christen sein, und wissen, dass auch der Janus einer aus den Heiden Göttern ..., Hingegen allein Gott im Himmel für den wahren Gott des Friedens erkennen, der den Frieden nicht allein verspricht ..., sondern solchen auch würcklich gibt ..., wolan so wil uns gebühren, bey endlich beschlossenem allgemeinen ReichsFrieden diesem unsern Gott des Frieden seinen Tempel nicht, wie die Heiden dem Jano gethan, zuzuschließen, sondern allenthalben zu eröffnen, mit frolocken und Freuden darein zu gehen.“
HPJ