Das um 1680 von einem heute unbekannten Künstler gestochene Blatt lässt sich im weitesten Sinne als Lehrgedicht bezeichnen und findet sich eingebunden in verschiedenen Foliobänden. In 30 Verszeilen wird der Status Quo der europäischen Mächte und der Deutsche Wunsch nach Frieden in einem metaphorischen Gedicht versinnbildlicht. Das Dargestellte zu beschreiben hat somit bereits der Text übernommen, der mit Hilfe einer Buchstabenlegende das gesamte Blatt erklärt. Dabei handelt es um die Personifikation Deutschlands, die im sanften Schlaf des Friedens schlummert und deren Traum sich vor unseren Augen visualisiert. Dem ikonographisch unerfahrenen Betrachter verhilft die textuelle Legende jedoch nur bedingt weiter, da der Autor lediglich die damals üblichen Metaphern und Symboliken beschreibt.
Das befriedete Deutschland sitzt in Person einer weiblichen Figur mit einem Adler auf einem Thron und ist in einen leichten Schlaf versunken. Schweden tritt in Form des Löwen in Erscheinung, der des Kämpfens müde und durch den Ölzweig nun befriedet ist.1 Doch gerade als sich das Römische Reich Deutscher Nationen in Sicherheit wähnt, da wird es unsanft von einer Schreckensvision heimgesucht. Der Halbmond im Osten und der Hahn im Westen, links und rechts im Bild, bedrohen den Frieden in Europa erneut. Gemeint sind hiermit zum einen der Osmane, "Der einen Sichel/ Mond in seinen Fahnen ehret" und zum anderen das französische Gallien, das "in Römer-Sprach den Hanen-Namen führet".
Diese Bedrohung, die bereits durch blutige See- und Landschlachten auf der linken Bildseite verdeutlicht wird, versetzt die anderen europäischen Mächte in Unruhe. Diese befinden sich im Bildzentrum, verhandeln bereits miteinander und versuchen auf Deutschland einzugehen. Bei den fünf Herrschaften handelt es sich nicht um die im Text genannten Flüsse, sondern um die mit diesen zu identifizierenden Nationen Spanien, Niederlande, England, Ungarn und die Deutschen Lande. Beim Ausblick auf die neuen drohenden Gefahren möchte das personifizierte Deutschland lieber weiterschlafen und hofft auf die Beständigkeit des Friedens. Eine Tatsache, die sich nicht erfüllt sollte: 1682 wurde der langjährige Friedensvertrag mit dem Osmanischen Reich nicht weiter verlängert, weshalb sich das Heilige Römische Reich ab 1683 im Großen Türkenkrieg verwickelt sah. Ermutig zu seinem Zug gegen Europa wurde Sultan Mehmed IV. unter anderem durch Ludwig XIV. von Frankreich, dessen antihabsburgischen Ambitionen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) mündeten.2
MATW
Das von süsser Friedens-Ruh schlaffend/ und über heuntigen Welt-
und Kriegs-Lauff Träumende
Teutschland.
Die nach viel Jahren Lauff vom Kriegen muede Nacht
Die hatte (1.) Teutschland nun zur sanfften Ruh gebracht
Es kuessten sich mit Ihr Gerechtigkeit und Friede
Der (2.) Adler un der (3.) Loew als langen Kaempffens muede
Die druckten ihre Schoß; So schlieff sie unerweckt
Kein Heer-Trompeten-Klang noch Trommel sie erschreckt.
Sie lag in stiller Ruh und dachte wol zu leben
Geringste Anlaß nicht zur Unruh mehr zu geben;
Indem sie nun so ruht (4.) vom Frieden eingewiegt
Ersieht sie diesen Traum der hier vor Augen liegt.
Deß blassen (5.) Mondes Schein stund' Ihr in Ost entgegen
Von Westen hoerte sie ein (6.) Hanen-Kraehen regen
Worvon Europens Volck in Harnisch ward gebracht;
Der den die (7.) Iber traenckt und der die Maas (8.) bewacht
Der an der (9.) Temse wohnt und den die (10.) Donau netzet
Auch der am (11.) Elb und Rhein sich eh deß hat ergoetzet
Die giengen starck zu Rath vor ihrem Angesicht;
Indem erwachte Sie und sah bey hellem Liecht
Die Warheit deß Gesichts so ihr die Ruh zerstoeret:
Der einen Sichel-Mond in seinen Fahnen ehret
Und der in Roemer-Sprach den Hanen-Namen fuehret
Die hatten See und Land mit ihren Volck beruehrt
Der Rhein (12.) war nicht mehr rein von Blut gefuellten Fluessen
Der (13.) Pohl und Ungar schwam in herben Zaehren-Guessen
Der weite See war roth und duester anzuseh'n
Von einer (14.) scharffen Schlacht so allbereit geschehn.
Ach! seufftzte Teutschland aus: Wo seyt ihr meine Fürsten?
Und du mein Himmels-Fuerst! Sollstdu nach Blut dann duersten:
Ach! Schone Vatter Schon! Erstatte nur die Ruh
Und laß mich doch einmahl im Friede schlaffen zu.
So schlieff sie wiederum ein.
MATW