Georg Philipp Telemann (1681–1767) hat für das alljährliche Festmahl der Hamburger Bürgerkapitäne zahlreiche „Kapitänsmusiken“ geschrieben. Typisch für diese musikalische Darbietung ist ihre Polarisierung in „gutes“ und „böses“ Personal. Im vorliegenden Stück, der auf das Oratorium folgenden Serenata, deren Libretto vom Hamburger Theologen Joachim Johann Daniel Zimmermann (1710–1766) stammt, stehen die allegorischen Figuren Der Friede (Sopran), Die Freude (Tenor) und Das Glück (Bass) dem Eigennutz (Sopran), der Untreue (Alt) und der Herrschsucht (Bass) gegenüber. Die negativ konnotierten, feindlichen Figuren fordern die positiven durch Gewalt, Krieg und Verwüstung heraus. Letztendlich siegen das Gute und der Friede.
Bereits der Eingangschor der Serenata (aus der zweiteiligen Bürgerkapitänsmusik) rühmt den nach Kampf und Sieg eingetretenen Frieden. Im nachfolgenden Rezitativ „Erquicke dich, geliebtes Land“, das der personifizierte Friede selbst singt, werden Gott und Karl VI. als Friedensbringer gerühmt. Das Stück stellt folglich eine enge Verbindung zur zeitgenössischen Politik her, in der Hamburg – obwohl es den Status einer reichsunmittelbaren Stadt hat – vielfach von kriegerischen Auseinandersetzungen und den Auswirkungen der Kriege bedroht wird. Der Schlusschor betont abschließend die unbändige Freude über den Frieden und die besondere Situation Hamburgs, das „nur von Ferne das Kriegesgetümmel“ zu spüren bekommt. Das solchermaßen befriedete Deutschland wird zum Garanten für Hamburgs Wohlergehen und Glück.
Die Musik dieser Serenata ist für 2 Soprane, Alt, Tenor, 2 Bässe, vierstimmigen Chor, Flauto piccolo, Violino solo, 2 Violoncelli soli, Streicher und Generalbass komponiert. Telemann experimentiert hier mit musikalischen Illustrationen des Friedens. In der Arie Nr. 3, „Entledigt, ihr Helden, die streitbaren Hände“, deutet er den Frieden vorrangig als Ruhezustand, zu dessen Veranschaulichung er Triolenläufe, Triller, gehaltene Ruhenoten und Generalpausen nutzt. Bereits im dazugehörigen Librettotext finden sich mit den Bildern „Lorbeer“, „Palmen“ oder „Schwerter zu Pflugscharen“ zentrale Topoi der Friedensdarstellung. Musikalisch zeichnet Telemann den scharfen Stahl der Schwerter figürlich durch melismatische Sechzehntel- und Zweiundreißigstel-Bewegungen nach und verweist mit dieser musikalischen Vorstellung von Kriegsgerät zugleich auf dessen neue Funktion als Friedensinstrument („und lasset die Säbel zu Sicheln verschmieden“).
Den Abschluss des ersten freudigen Teils der Serenata bildet der Chor der Schäfer, dessen mit „Pastorel“ überschriebener Satz in Es-Dur den Bezug zur arkadischen Ideallandschaft herstellt, die in der Musik durch Hirten, Nymphen, Flöten, Tänze und Echoeffekte vorgestellt wird. Der dazugehörige Vokalsatz ist homophon, deklamierend, mit einer melismatischen Melodielinie im Sopran über langgehaltenen Liegetönen, welche die Friedensruhe illustrieren.
SEH