Die christlichen Friedenspredigten der Frühen Neuzeit bezogen zur Verbreitung der Friedensbotschaft an ihre Gemeinden häufig das antike Bildungsgut ein, wie es in jedem Universitätsstudium vermittelt wurde. Darunter befanden sich aber auch Friedensbilder, die auf heidnische Gottesvorstellungen Bezug nahmen, zum Beispiel das Bild der Tore des Tempels für die römische Gottheit Janus, die nur zu Friedenszeiten geschlossen werden. Dieses in der bildenden Kunst weit verbreitete Motiv wurde in den Predigten meist nur ablehnend verwendet.
Einen etwas anderen Akzent setzt der Theologe und Polyhistor Johann Gerhard Meuschen (1680–1743), Pastor der lutherischen Gemeinde in Den Haag, in seiner hier vorliegenden Predigt aus Anlass des Friedens von Utrecht am 14.6.1713. Er verweist seine Hörer darauf, dass zu allen Zeiten öffentliche Friedensfeiern üblich waren, erwähnt die alten Perser, die Inder, die Griechen und natürlich die Römer: „Es hatten auch die Römer den Tempel von Janus, der auch bey denen Römischen Friedens-Festen neben dem Tempel des Friedens ist gebraucht, nemlich also, daß des Tempels von Janus grosse, eherne Thore als ein Zeichen des Friedens sind geschlossen.“ Für den Amsterdamer Prediger war die Lehre aus diesen antiken Belegen klar. Es galt, die Praxis der Heiden im christlichen Glauben zu überbieten: „Ey, haben die unerleuchteten Heyden, Meine Allerliebsten!, ehedessen bey der Erlangung eines Friedens sich so danckbar gegen ihre falschen Götter bewiesen, haben sie denen zu Ehren deswegen eigene Feste und Danck-Tage angestellet, ja ihnen Tempel und Altäre zur schuldigen Danckbarkeit aufgerichtet … ; wieviel mehr will denn denen Christen gebühren, dergleichen zu thun gegen den wahren und lebendigen Gott, wenn derselbe ihnen nach langem Blutvergiessen die angenehme Friedens-Post lässet verkündigen …?“
HPJ