Die Gattung der gedruckten Friedenspredigt hat ihre Anfänge im 17. Jahrhundert. Doch anfangs war der Bezeichnung „Friedenspredigt“ noch nicht festgelegt: Obwohl unter der Bezeichnung „Eine Christliche Predigt von Fried und Einigkeit“ veröffentlicht, ist die vorliegende Schrift nicht als Friedenspredigt zu verstehen. Vielmehr belegt sie die konfessionelle Unnachgiebigkeit, die noch zu Friedenszeiten zur Eskalation der Konflikte vor dem Dreißigjährigen Krieg beigetragen hat. Sie bietet eine klassische Konfessionspolemik, in der aus calvinistischer Sicht die lutherische Abendmalslehre kritisiert wird. Der Autor, Ewald Hermann (1578–1626), Pastor in Eschwege, diskutiert christologische Aussagen zu Himmelfahrt und Idiomenkommunikation unter dem Rubrum der „Einheit in der Wahrheit“ und wendet sich dabei gegen die Positionen von Johann Marbach, Georg Coelestin, Andreas Musculus, Johannes Brenz, Matthias Flacius Illyricus und Aegidius Hunnius, die jeweils namentlich in den Marginalien genannt werden. Der sprachlichen Form nach ist der Text ebenfalls keine Predigt, sondern trägt in weiten Passagen die Gestalt einer Abhandlung, und in der namentlichen Nennung und Verwerfung der Gegner leistet sie auch keinen Beitrag zum Konfessionsfrieden. Die komplexe Gliederung mit mehreren Unterabteilungen ist im Anhang noch als Schema wiedergegeben, was ebenfalls darauf hindeutet, dass der Text in dieser Form nicht vor einer Gemeinde vorgetragen wurde.
HPJ